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Meine Heimatgschicht: Aus der Veitsbronner Volksschule

#heimatlandkreisfürth

Episoden aus der Veitsbronner Volksschule in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts. In den 50ziger Jahren war die Schule für Kinder und Eltern ein Respekt-Ort. Was die Lehrer sagten, galt für alle wie das Evangelium in der Kirche. Niemand hätte die Lehreraussagen hinterfragt und keiner hätte sich ihnen widersetzt. Jede erste Schulstunde am Morgen begann mit der gleichen Zeremonie, nämlich mit der lauten gemeinsamen Begrüßungsformel der Kinder „Guten Morgen Fräulein…“ oder „Guten Morgen Herr Lehrer...“!

Ihre oder seine strikte und strenge Antwort war: „Setzen!“. Jeder wusste das und tat es auch!

Dann konnte es losgehen mit dem Unterricht.

Was aber gelegentlich außer der Reihe doch noch passierte, zeigen folgende kleine

Episoden.

Der gepolsterte Rohrstock

Nicht immer waren die Buben und Mädchen im Klassenzimmer und auf dem Pausenhof anständig. Sie fanden ihre kindgerechten Nischen und büchsten aus. So kam gelegentlich ein Rohrstock für „Pfädschle“ (Hiebe auf die gestreckten Finger) zum Einsatz. Und der tat verdammt weh!

Also haben die Mädchen in der Handarbeitsstunde bei Fräulein P.  heimlich eine Hülle für ihn genäht: rotweiß-kariert, mit einer vertikalen gelben Zickzack-Borte und mit Watte ausgepolstert.

So schön, dass man hoffen konnte, wenn der aus der Schublade des Lehrerpultes genommen wird, ist alle Lehrerwut verflogen.

Und genauso war es; der Lehrer holte ihn staunend hervor, betrachtete ihn stumm und genau und legte ihn wieder unbenützt zurück. Und seitdem kam er nicht mehr zum Einsatz!

Die getrennten Zwillinge

Das Fräulein M. war für ihre strenge und unnachgiebige Art bekannt und gefürchtet.  Die Kinder hatten eine genaue Sitzordnung und wenn einer dieser nicht würdig war, wurde er zur Strafe in die erste Reihe versetzt, weitab von Freundin und Freunden. Und genau vor die Augen der gestrengen Lehrerin.

So auch eine der beiden unzertrennlichen Zwillinge, die durch Schwätzen und Blödsinn den Unterricht störten. Eine ganze Stunde lang getrennt, empfanden die Schwestern die Versetzung als ungerechte Strafe.

Am Ende der Schulstunde konsultierten sie die fromme Lehrerin mit folgender Aussage:

„Fräulein M., Sie wissen doch, was Gott zusammengefügt hat, das darf der Mensch nicht scheiden“. In der nächsten Schulstunde saßen sie wieder einträchtig nebeneinander.

Der grüne Strickpullover

Alfred war der „Klassenkasper“, über den alle Mitschüler(innen) lachten, weil er nur Blödsinn im Kopf hatte. Aber weil er sehr klug war, bewunderten Schüler ihn und die Lehrer konnten ihn schlecht was anhaben. Einmal bekam er aber einen „Denkzettel“. Er hatte an diesem Tag einen auffällig grünen Strickpullover an. An dem hatte seine Mutter das Bündchen nachträglich zur Verlängerung angestrickt und den Faden am Ende nicht vernäht. Die hinter ihm in der vorletzten Reihe sitzenden Mädchen, haben heimlich angefangen, den Pulli aufzutrennen. Erst unbemerkt und dann zur Belustigung aller mit A.'s Zustimmung. Der Unterricht war gelaufen......Gekicher im Klassenzimmer und die Mutter wird daheim mächtig geschimpft haben!

Schlot-Engerle als Wegzehrung

Die Fembacher Schüler kamen bei Wind und Wetter zu Fuß nach Veitsbronn. Und wenn Nachmittagsunterricht war, ersparten sie sich den weiten Hin- und Rückweg am Mittag. Da sie alle Bauernkinder waren, hatten die Eltern mit ordentlichem Vesper wie geräucherte Würste, Schinken u.a. für die Mittagspause vorgesorgt.

Auf das waren allen Veitsbronner Schüler mit ihrem kargen Marmeladen-, Schmalz- oder Butterbrot „scharf“. So gab es ein Gerangel, wer welches Bauernkind mit zu sich nach Hause nehmen durfte und dort die „Schlotengerle“ und den Bauernschinken gegen einen Teller Kartoffelsuppe eintauschen konnte. So haben sich oft Zweckfreundschaften gebildet, die kaum was mit den Kameradschaften im Schulalltag zu tun hatten.

Alle diese Episoden habe ich in der Veitsbronner Volksschule selbst erlebt oder war als Protagonstin dabei.